Unglück der „Estonia“ – Ostsee-Katastrophe mit 852 Toten
Vor 30 Jahren, am 28. September 1994, ereignete sich die verheerende Tragödie der Ostsee-Fähre „Estonia“, bei der über 850 Menschen ums Leben kamen. Bis heute sind nicht alle Fragen zu diesem Unglück beantwortet, insbesondere die Frage nach der Verantwortung. Die Opfer- und Angehörigenstiftung SEA fordert eine parlamentarische Untersuchung, um die Schuldfrage zu klären und die Toten zu identifizieren. Gleichzeitig wird bei einem Gedenken am „Estonia“-Monument in Stockholm auch König Carl XVI. Gustaf und Ministerpräsident Ulf Kristersson erwartet.
Nach 30 Jahren möchten viele Betroffene mit dem Unglück abschließen und nicht weiteren Spekulationen ausgesetzt sein. Es gab zahlreiche Theorien zur Unglücksursache, die von einer Explosion an Bord bis hin zu einer Kollision mit einem U-Boot reichten. Ein kritischer Untersuchungsbericht von 1997 führte die Havarie auf das abgerissene Bugvisier der Fähre zurück. Dennoch wurden Zweifel an dieser Erklärung laut, insbesondere nach der Entdeckung eines großen Lochs auf der Steuerbordseite des Schiffsrumpfes in einer Dokumentation von 2020.
Neue Untersuchungen auf See im Jahr 2023 bestätigten die vorherige Schlussfolgerung, dass die „Estonia“ nicht durch eine Explosion oder Kollision versenkt wurde. Das große Loch an der Schiffswand stammt laut Ermittlern vom Aufprall auf den Meeresgrund. Ein wichtiger Punkt aus den neuen Erkenntnissen war jedoch, dass die Fähre beim Auslaufen in Tallinn im Jahr 1994 nicht seetüchtig war. Dies wirft die Frage auf, wer die Verantwortung dafür trägt, dass sie dennoch die Route Stockholm-Tallinn bedienen konnte.
Die Opfer- und Angehörigenstiftung sieht in dieser behördlichen Erkenntnis zur Seetüchtigkeit der Fähre eine grundlegende Veränderung für die Aufarbeitung der Tragödie. Der schwedische Staat wird aufgefordert, Klarheit darüber zu schaffen, was zur Katastrophe geführt hat und wer dafür verantwortlich ist. Nur die Wahrheit über den Untergang der „Estonia“ und die Verteilung der Verantwortung kann zu einem endgültigen Schluss führen. Insgesamt bleibt die „Estonia“-Frage auch nach 30 Jahren ein offenes Kapitel in der Geschichte der Ostsee-Schifffahrt.