Politiker verteidigt vor Gericht einen „kriminellen Ausländer“
Ein Thurgauer Anwalt und Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Hermann Lei, sorgt mit seiner Doppelrolle für Diskussionen. Einerseits äußerte er auf Facebook Kritik an der Zuwanderung in der Schweiz und bezeichnete Ausländer als „kriminell“. Andererseits verteidigt er nächste Woche vor Gericht einen straffälligen Asylsuchenden als Pflichtverteidiger. Lei ist Fraktionspräsident der SVP Thurgau im Grossen Rat und äußert öffentlich seine Ablehnung gegenüber kriminellen Ausländern. Dennoch verteidigt er einen Asylsuchenden, der straffällig geworden ist, und profitiert so indirekt vom Asylsystem, das er eigentlich kritisiert.
Lei rechtfertigt seine Verteidigung des straffälligen Asylsuchenden damit, dass dieser Anspruch auf eine Verteidigung habe, unabhängig von seinen persönlichen Ansichten. Er betont, dass seine SVP-Ansichten seine Arbeit als Anwalt nicht beeinflussen und er entlang des Gesetzes arbeite. Lei betont die Notwendigkeit einer gerechtfertigten Verteidigung und erklärt, dass selbst der unsympathischste Angeklagte im Schweizer Rechtsstaat das Recht auf eine Verteidigung habe. Er ist der Meinung, dass er als Politiker im Nebenamt in der Lage ist, seine politischen Ansichten von seiner juristischen Arbeit zu trennen.
Der Thurgauer Anwaltsverband und das Obergericht haben sich zu Leis Fall bisher nicht geäußert, betonen jedoch, dass politische Aktivitäten die anwaltliche Unabhängigkeit grundsätzlich nicht beeinträchtigen. Fabian Mörtl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Thurgau, erklärt, dass politische Ansichten keine Rolle bei der Einsetzung von Pflichtverteidigern spielen. Der angeklagte Asylsuchende hätte auch die Möglichkeit gehabt, einen anderen Anwalt zu wählen, während Lei den Fall ablehnen könnte, wenn es einen Interessenskonflikt geben würde.
Insgesamt wirft die Doppelrolle von Hermann Lei als SVP-Politiker und Anwalt in einem Fall von einem straffälligen Asylsuchenden Fragen auf. Während er öffentlich die Zuwanderung kritisiert und Ausländer als kriminell bezeichnet, verteidigt er dennoch vor Gericht einen Asylsuchenden, der straffällig geworden ist. Lei betont die Unabhängigkeit seiner Anwaltstätigkeit von seinen politischen Ansichten und erklärt, dass jeder Angeklagte das Recht auf eine Verteidigung habe, unabhängig von seiner persönlichen Meinung. Die Behörden in Thurgau sehen keine Probleme mit Leis Doppelrolle, betonen jedoch, dass politische Ansichten keine Rolle bei der Einsetzung von Pflichtverteidigern spielen.